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Watzmannüberschreitung: Gratwanderung mit Tiefblick

16502 - Watzmannüberschreitung: Gratwanderung mit Tiefblick (3)

'Jeder deutsche Bergliebhaber muss mindestens einmal auf dem Watzmann gewesen sein,' behauptet der Tourenpartner. Schließlich zählt der Watzmann zu den höchsten Bergen Deutschlands. Und zu den berühmtesten. Doch klebt an dem Ruf ein fader Beigeschmack. So wird er auch als Schicksalsberg bezeichnet. Nichtsdestotrotz ist die Überschreitung des Bergs im Berchtesgadener Land eine beliebte Tour unter erfahrenen Wanderern. IndenBergen-Bloggerin Marlene hat sich der Herausforderung gestellt und den Watzmann über Hocheck, Mittelspitze und Südspitze überquert.

Die Sache mit der Selbsteinschätzung

Um 2:00 Uhr klingelt der Wecker. Das Aufstehen fällt nicht schwer. Ich habe sowieso kaum geschlafen. Die Ausrüstung ist bereits gepackt und das Frühstück vorbereitet. Auf dem Weg in Richtung Berchtesgaden haben wir die Autobahn für uns. Ich höre in mich hinein. Bin ich fit? Fühle ich mich gut? Traue ich mir das zu? Wir haben keine normale Bergtour geplant. Über 2.000 Höhenmeter und mehr als 20 Kilometer Wegstrecke liegen vor uns. Dazu kommt die lange Gratwanderung mit ihren ausgesetzten Stellen. Draußen dämmert es langsam. Da türmt er sich ehrfürchtig auf: Der berühmte Watzmann. Ich schließe die Augen, atme durch und bin bereit für das bevorstehende Abenteuer.

Nebel Hocheck Watzmannhaus
Der Blick über die Schulter kurz vorm Watzmannhaus.

Das anstrengendste kommt zuerst

Mit ausreichend Wasser im Rucksack starten wir von der Wimbachbrück in Richtung Watzmannhaus. Zuerst durch waldige Passagen, dann über freie Almen. Im Tal lösen sich die letzten Nebel auf, die das warme Licht der aufgehenden Sonne reflektieren. Es riecht nach feuchtem Gras und über uns zwitschern die Vögel. Nach 1.300 Höhenmetern erreichen wir das Watzmannhaus. Viele übernachten hier, um mit ausreichend Kraftreserven in die Überschreitung zu starten. Ich höre bei einer Tasse Kaffee nochmal in mich hinein. Mir geht es gut. Mit der aufputschenden Wirkung des Kaffees legen wir anschließend die letzten Höhenmeter durch das Geröllfeld zum Hocheck zurück. Ab jetzt wird es spannend.

Für diesen Blick lohnt sich der lange Anstieg mit seinen 2.000 Höhenmetern

Die Watzmannüberschreitung erfordert nicht nur jede Menge Kondition, sondern auch alpine Erfahrung. Der Weg über den Grat ist kein reiner Klettersteig. Es gibt viele ungesicherte Stellen und es geht zu beiden Seiten steil bergab. Mein Blick heftet sich an die wenigen Meter vor mir. Konzentriert setze ich einen Fuß vor den anderen. So vergeht der Weg zur Mittelspitze wie im Flug. Am höchsten Punkt auf 2.713 m blicke ich mich um. Links liegt der Königsee. Vor uns die Südspitze. Dazwischen die berüchtigte Watzmann-Ostwand. Es ist so beeindruckend. Für diesen Blick lohnt sich der lange, kraftraubende Aufstieg allemal. Doch das war's ja noch nicht. Der spektakulärste Teil steht uns noch bevor.

Tiefblick zum Königsee
Tiefblick zum Königsee.

Müssen wir abbrechen?

Es wird noch anspruchsvoller. Etliche Stellen muss ich rückwärts abklettern. In einigen Passagen liegt noch Schnee. Dort ist besondere Vorsicht geboten. Trotzdem komme ich aus dem Staunen nicht heraus. Der Watzmann sieht aus jeder Perspektive anders aus. Allerdings verändert sich nicht nur das Erscheinungsbild des Grats mit jedem Schritt, sondern auch der Himmel. Im Hintergrund entstehen mehr und mehr Quellwolken. Je nach Wetter könnten die zu ausgewachsenen Gewitterwolken werden. Wir halten an. In ein Gewitter möchten wir am ausgesetzten Grat ganz sicher nicht geraten. Bis zur Südspitze sind es noch etwa eineinhalb Stunden. Sollten wir besser umdrehen?

Blick auf Südspitze
Vor uns liegt die Südspitze. Im Hintergrund bilden sich mehr und mehr Wolken.

Die letzte Herausforderung

Per Handy informieren wir uns über die lokale Unwetterwarnung und bekommen grünes Licht. Weiter geht's! An der Südspitze atme ich auf. Hier steh ich nun am letzten Teil des bekannten Watzmann-Grats. Doch noch ist die Freude verhalten. Eine Herausforderung steht uns noch bevor. Der Abstieg. Durch loses Geröll und über hohe Stufen geht es steil nach unten. Immer wieder gilt es Schneefelder zu queren. Mehr rutschend als laufend und immer mal wieder fluchtend, arbeiten wir uns nach unten. Die Knie machen sich bemerkbar und die Handballen schmerzen von der einen oder Landung im Schotter. Dann rückt endlich die Wimbachgrieshütte ins Sichtfeld. Und dort weiß ich: Das Kaltgetränk ist mehr als verdient!

Blick zurück auf Mittelspitze
Die letzten Meter, bevor wir die Südspitze erreichen. Stolpern sollte man hier nicht.

Praktische Infos zur Watzmannüberschreitung

Die Watzmannüberschreitung ist eine alpine Bergtour, die Trittsicherheit und Schwindelfreiheit sowie Kondition voraussetzt. Insgesamt ist mit einer reinen Gehzeit von 10 Stunden zu rechnen. Durch die Länge und die Ausgesetztheit des Grats wird sie oft als Zweitages-Tour mit Übernachtung im Watzmannhaus gemacht. Durch die lange Gratpassage ist das Wetter ein wichtiger Faktor. Die Überschreitung sollte nur bei besten Verhältnissen unternommen werden. Von der lokalen Bergschule gibt es zudem das Angebote an einer geführten Überschreitung teilzunehmen.

176 - Summer - Marlene

Über Marlene

In den Bergen ist Marlene nicht zu bremsen. Umgeben von der schönen Gipfelwelt fühlt sie sich so richtig wohl und zeigt euch die besten Spots der Alpen.