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Bergbauhalden im Ruhrgebiet
© WDR/2 Pilots Filmproduction

Beim Ruhrgebiet denkt man doch eher an Industriekultur, Currywurst, Bergbau und Grönemeyer, aber an Wandern? Eher nicht. Dabei bietet das Ruhrgebiet abwechslungsreiche Naturlandschaften gepaart mit Eventlocations, Industriedenkmälern und urbanem Flair. Für jeden, der das Ruhrgebiet einmal zu Fuß erkunden möchte, gibt es auf jeden Fall eine Menge zu entdecken. Besonders spannend ist eine Gipfeltour über sieben große Halden des Potts, wie das Ruhrgebiet liebevoll genannt wird. IndenBergen verrät dir einiges über die Wegstrecke durch das weltweit einzige, künstlich entstandene Mittelgebirge mitten in NRW und was es auf der Wanderung so alles zu sehen gibt.

Sieben Halden: Wandern im Ruhrgebiet

Die Zeiten des von Kohlestaub ergrauten Ruhrpotts gehören schon lange der Vergangenheit an. Der Baldeneysteig in Essen, das Naturschutzgebiet Bislicher Insel im Kreis Wesel, der Dortmunder Revierpark Wischlingen und die Sechs-Seen-Platte, das große Naherholungsgebiet Duisburgs, sind nur einige der grünen Oasen im ehemaligen Bergbaurevier. Wer hier hoch hinaus möchte, kann die Alpen des Potts besteigen: Die Bergbauhalden. In den 80er Jahren kamen erste Ideen auf, die ehemaligen Abraumhalden der Bergwerke zu begrünen, mit Erfolg. Abraum übrigens ist all das, was über dem liegt, was gefördert wird. Im Ruhrgebiet also das, was über der Kohle lag. Heute sind die ehemaligen Bergbauhalden beliebte Naherholungsgebiete, die zu Wanderungen im Ruhrgebiet einladen.

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Über sieben Halden musst du gehen... (© WDR/2Pilots Filmproduction)

Wandern durch das einzige, künstliche Mittelgebirge der Welt

Mittlerweile besuchen Touristen aus ganz Deutschland das weltweit einzige, künstlich entstandene Mittelgebirge im Herzen von Nordrhein-Westfalen (NRW). Die Halden liegen zum Teil mehr als 100 Meter über dem Umgebungsniveau und Wanderer, die alle sieben Halden der Tour an einem Tag erklimmen möchten, brauchen ungefähr zwölf Stunden für die 50 Kilometer lange Strecke. Aber auch wenn das Ruhrgebiet nicht zu den klassischen Gebirgslandschaften gehört, hat die abwechslungsreiche Strecke es in sich. Es wird über Felder und Wiesen gewandert, vorbei an den Industriedenkmälern des Ruhrgebiets und entlang der vielen Kanäle. Von der Halde Haniel in Bottrop geht die Wanderung quer durch das Ruhrgebiet bis zur Halde Hoheward in Herten.

Bottrop: Halde Haniel

Noch im Dunkeln, um 7.00 Uhr startet die Wandertour, die von West nach Ost über sieben Halden des Ruhrgebiets geht. Die Wanderer legen ca. 50 km zurück. Startpunkt ist eine der höchsten Halden im Ruhrpott, die Halde Haniel (159 m Höhe) in Bottrop. Von dort oben ist der Ausblick über das Ruhrgebiet phänomenal und das Totemkunstwerk auf dem Haldengipfel ist ebenso beeindruckend, wie die darunter liegende BergArena für Open Air Events. Es steht hier sogar ein Gipfelkreuz, dass zu Ehren von Papst Johannes Paul II. im Jahr 1987 aus Spurlatten gefertigt und aufgestellt wurde.

Halde Beckstraße

Weiter geht es ca. 9 Kilometer durch Bottrop in Richtung des bekannten Tetraeders zur Halde an der Beckstraße. Der steile Aufstieg dauert ca. 20 Minuten und bietet unterwegs immer wieder tolle Ausblicke über die Umgebung. Für alle, die mit etwas geringerer Anstrengung zum Tetraeder gelangen möchten, gibt es auch einen weniger steilen Anstieg.

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58 Meter hoch, 210 Tonnen Stahl und drei Aussichtsplattformen machen das Tetraeder aus.

Schurenbachhalde in Essen

Richtung Süd-Osten geht die Wanderung weiter zur Schurenbachhalde im Essener Stadtteil Altenessen. Der Weg dorthin führt entlang des Rhein-Herne-Kanals, aber auch vorbei an größeren Straßen und über Feldwege. Die Halde gehörte zur bekannten Zeche Zollverein und wurde bis Mitte der 90er Jahre noch zur Lagerung von Abraum genutzt. Nach der Kultivierung 1998 stellte der amerikanische Künstler Richard Serra in die karge Mondlandschaft des Plateaus die 15 Meter hohe Skulptur 'Bramme für das Ruhrgebiet' als Landmarke auf. Wer den Weg auf die Schurenbachhalde geschafft hat, ist am Mittelpunkt der Wanderung durch das Ruhrgebiet angekommen und kann von der Haldenhöhe den nächsten Punkt der Wegstrecke bereits sehen.

Mottbruchhalde in der Gladbecker Haldenwelt

Weiter führt der Wanderweg durch die Gartenstadt Welheim in Bottrop, eine der größten und vielfältigsten Arbeitersiedlungen des Ruhrgebiets und Teil der Route der Industriekultur. Entlang des Emscher Park Radweges geht es in Richtung Mottbruchhalde. Sie gehört zu den fünf Anhäufungen der Gladbecker Haldenwelt und ist gleichzeitig eine der jüngsten Abraumhalden auf der Strecke, da sie erst seit 2021 begehbar ist. Die vulkanartige Landschaft der Halde erinnert ein wenig an die Kanareninsel Lanzarote. Natürlich bietet sich auch vom 4. Gipfel der Wanderstrecke durchs Ruhrgebiet wieder ein unglaubliches Panorama über das Revier.

Halde Rheinelbe in Gelsenkirchen-Ückendorf

Nun liegen vor den Wanderern weitere 12 Kilometer bis zur Halde Rheinelbe im Gelsenkirchener Stadtteil Ückendorf. Sie gehört zu den noch 'brennenden' Halden des Reviers. Das bedeutet, dass sich im Abraum noch so viele Kohlereste befinden, die dann mit Sauerstoff reagieren und sich selbst entzünden. Der Höhepunkt dieser Bergbauhalde liegt 100 Meter über dem Meeresspiegel und die Landmarke hier ist faszinierend. Die 'Himmelstreppe' des Künstlers Herman Prigann auf den Haldengipfel wurde aus Betonüberresten einer Dortmunder Zeche geschaffen. Besonders beliebt ist die Halde Rheinelbe bei Downhill-, Freeride- und Dirtbike-Fahrern, die sich hier ihr eigenes Streckennetz ausgebaut haben. Rund um die Halde hat sich die Natur den Raum zurückerobert und es ist ein sogenannter Industriewald zum Wandern und Spazieren entstanden.

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Die Himmelstreppe von Herman Prigann ist die Landmarke auf der Haldenhöhe der Halde Rheinelbe und ein Highlight für Wanderer im Ruhrgebiet

Zechenhalde Rungenberg in Gelsenkirchen

Nach 35 Kilometern des Weges geht es jetzt durch die 1897 entstandene Schüngelberg Siedlung zu Gelsenkirchens Rungenberghalde, der Abraumhalde der Zeche Hugo. Hier erwartet Wanderer im Ruhrgebiet eine über 300 Stufen zählende Treppe für den Aufstieg. Oben angekommen, landet man an einer zerschnittenen Pyramide, die nachts durch die Strahlen aus zwei großen rostigen Lichtkanonen optisch zu einer ganzen Pyramide zusammengefügt wird. Diese spektakuläre Lichtinstallation „Nachtzeichen“ wurde 1992 im Rahmen eines Wettbewerbs zur Haldengestaltung aufgestellt. Von hier oben hat man übrigens einen tollen Blick auf das Stadion des Gelsenkirchener Fußballvereins Schalke 04. Im almartigen Teil der Abraumhalde trifft man manchmal sogar auf Wanderer, die zum Entschleunigen mit Lamas unterwegs sind.

Die Halde Hoppenbruch

Am Ende der Wandertour liegen die beiden Schwesterhalden Hoppenbruch und Hoheward im Landschaftspark Hoheward, der größten Haldenlandschaft Europas. Die ältere Halde Hoppenbruch liegt im Emscherbruch in Herten und ist bereits seit 1992 vollständig geöffnet. Auf der Haldenhöhe finden sich Edelstahlskulpturen, die Erklärungen zur 'Windkraft', der Landmarke der Halde haben. Wie viele der geöffneten Abraumhalden ist auch die Halde Hoppenbruch ein Naherholungsgebiet und beliebtes Ziel für Wanderer im Ruhrgebiet. Auf dieser Abraumhalde befindet sich außerdem ein technisch anspruchsvoller und ca. 4.400 Meter langer Mountainbike-Rundkurs mit drei Abfahrtstrecken, auf dem auch Wettkämpfe ausgetragen werden.

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Die Landmarke der Halde Hoppenbruch ist ein Windrad.

Endlich am Ziel auf der Haldenhöhe Hoheward

Nicht weit entfernt, zwischen Herten und Recklinghausen, liegt die Halde Hoheward, das zwei Kilometer entfernte Ziel der Wanderung durchs Ruhrgebiet. Bei gutem Wetter kann man vom Haldengipfel sogar bis Düsseldorf sehen. Rund um und auf der Halde gibt es gleich mehrere Landmarken zu entdecken und zu begehen: das Horizontobservatorium, die Drachenbrücke, eine Sonnenuhr mit Obelisk und die Balkonpromenade mit Himmelsstiegen. Ein echtes Highlight zum Ende der vielfältigen Wandertour durchs Revier.

WDR Dokumentation zur Wanderung über die Bergbauhalden des Reviers

Für alle, die gerne vorab einen Eindruck der Wanderung, die sich natürlich auch gut auf ein Wochenende aufteilen lässt, bekommen möchten, läuft am Freitag, dem 29. April, um 20:15 Uhr in der WDR-Reihe 'Heimatflimmern' die Dokumentation zur Wanderstrecke „Auf die Halden – Über sieben Gipfel durchs Ruhrgebiet“ im Westdeutschen Rundfunk. Der Autor Wilm Huygen begleitet vier Wanderfreunde in der TV-Dokumentation über die Alpen des Potts mit der Kamera. Die Sendung zeigt die kultivierten Halden als Naherholungsgebiet, Eventlocation, Ausflugsziel und mehr. Wer jetzt schon neugierig ist, kann sich den Beitrag vorab in der ARD Mediathek anschauen.

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Das typische Gesicht des Ruhrgebiets: Ein Fördertum.

Fakten zum Ruhrgebiet

Im Ruhrgebiet leben 5,1 Millionen Menschen auf einer Fläche von 4.439 Quadratkilometern, was es zu einem der größten Ballungszentren der Welt macht, neben London, Istanbul, Moskau und Mailand. Historisch gesehen gehört es zum Rheinland und zu Westfalen und besteht aus einzelnen, über die Jahre zusammengewachsenen Großstädten, wie Bochum, Oberhausen, Dortmund, Duisburg, Essen und Recklinghausen. Die Landschaft des Kohlenpotts wurde geprägt durch den Abbau von Steinkohle, der seine Wurzeln in der Region bereits im 13. Jahrhundert hat.

Kultur und Sport im Ruhrgebiet

Diverse Museen, Wanderrouten und Industriedenkmäler informieren interessierte Gäste über die Zeiten des Bergbaus und der Industrialisierung im Ruhrgebiet, aber neben seiner allgegenwärtigen Geschichte hat der Pott noch mehr zu bieten. Seit 1988 wird in Bochum Starlight Express aufgeführt und die Cranger Kirmes in Herne lockt jedes Jahr bis zu vier Millionen Besucher auf die vielen Fahrgeschäfte. Nicht zu vergessen, die vielen Fußballvereine wie Borussia Dortmund, der FC Schalke 04, Rot-Weiß Essen und der VfL Bochum, um nur einige zu nennen. Und was muss man im Ruhrgebiet gegessen haben? Natürlich Currywurst mit Pommes Schranke.

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Miriam

Über Miriam

Für Miriam müssen es keine großen Höhenmeter sein. Abwechslungsreich und gespickt mit schönen Aussichten sind die perfekten Wanderwege für sie und wenn am Ende noch eine schöne Hütte wartet, ist der Tag in den Bergen perfekt.